Rumänien gilt als Knotenpunkt für Menschenhandel in Osteuropa. IJM möchte in Zukunft gemeinsam mit lokalen Partnern und Behörden strategisch dagegen vorgehen. Ein neues IJM Büro soll dafür einen wirkungsvollen Arbeitsansatz entwickeln.
Rumänien zählt in Europa zu den am stärksten von Menschenhandel betroffenen Ländern. Laut Eurostat wurden 2015 bis 2016 innerhalb der Europäischen Union 1.511 Rumänen als Opfer identifiziert. Die Betroffenen sind in der Arbeitsausbeutung, im Sexhandel und in anderen Formen von Sklaverei zu finden. Eine von ihnen war Cristina*.
Cristina: Ihr Menschenhändler wartete vor dem Kinderheim
Als Kind wurde Cristina von ihrem Vater missbraucht. Die Mutter war überfordert mit der Situation und gab das Mädchen in ein Kinderheim. Dieses Trauma führte unter anderem zu einer Lernbeeinträchtigung, sodass Cristina mit 18 Jahren ohne Schulabschluss und Perspektive das Kinderheim verließ. Vor der Tür wartete bereits ein Menschenhändler auf sie. Der charmante Mann bot ihr seine Hilfe an. Sie verliebte sich in ihn und ging mit ihm ins Ausland. Dort schickte er Cristina auf den Strich. Jeden Tag musste sie sich gegen ihren Willen prostituieren, in mehreren Ländern Europas, auch in Deutschland. Sie konnte nicht fliehen, denn der Mann hielt sie gewaltsam fest. Als sie schwanger wurde, hatte sie nur noch einen Traum: ihrem Kind eine glückliche Kindheit zu schenken. Sie schaffte die Flucht. Begleitet von einer Sozialarbeiterin, lebt sie heute in einer sicheren Wohngemeinschaft.
Entschlossen gegen Menschenhandel vorgehen
In Rumänien sind zwar wichtige Reformen und Fortschritte in der Justiz und Verwaltung erkennbar, doch diese reichen nicht aus, um den Menschenhandel zu stoppen. Viele Täter können straffrei agieren. Das betrifft nicht nur Fälle, in denen Opfer in andere Länder verschleppt werden. Verschiedene Formen von Ausbeutung geschehen auch innerhalb der Landesgrenzen. Der Global Slavery Index schätzt, dass in Rumänien 86.000 Menschen versklavt werden.
Neues IJM Büro in Rumänien
Mit der Büroeröffnung bringen wir den Arbeitsansatz von IJM erstmals auch nach Europa. In einer ersten Phase werden Recherchen durchgeführt und ein Netzwerk von strategisch wichtigen Partnern aufgebaut. Erste Gespräche laufen bereits sehr erfreulich.
Ein erstes Team vor Ort setzt zunächst folgende Schwerpunkte:
- Evaluation bestehender Programme gegen Menschenhandel: IJM wird Analysen von Akteuren innerhalb und außerhalb des rumänischen Rechtssystems durchführen, die gegen Menschenhandel vorgehen.
- Tiefergehende Analyse des Problems: IJM möchte ein detailliertes Verständnis von Menschenhandel in der Region gewinnen. Neben Untersuchungen der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Kindern werden auch andere Formen wie Arbeitssklaverei und bandenorganisiertes Betteln untersucht.
- Unterstützung der Behörden in strategisch relevanten Einzelfällen: Vereinzelt wird IJM die Behörden bei Ermittlungen, in der Strafverfolgung und Nachsorge von Betroffenen unterstützen. Die Mitarbeit dient dazu, ein tieferes Verständnis über nationale und internationale Fälle von Menschenhandel in Rumänien zu erhalten.
Die Büroeröffnung von IJM Rumänien wird im Besonderen durch das große Engagement vieler Spenderinnen und Spender aus Deutschland ermöglicht. Dafür danken wir euch sehr herzlich.
Besonders sportbegeisterte Spenderinnen und Spender können uns nächstes Jahr durch laufen, biken oder wandern unterstützen, wenn sie am Muskathlon in Rumänien teilnehmen.