Odisha, Südasien – In einem Video wurde die Geldübergabe an einen Mittelsmann festgehalten, der Dutzende Familien betrogen und in Zwangsarbeit verkauft hat. Nachdem die lokalen Behörden die Familien mit Unterstützung von IJM in Sicherheit bringen konnten, fahnden sie nun per Haftbefehl nach dem Verdächtigen.
Millionen Menschen, die in Odisha im Osten Südasiens in Armut leben, migrieren als Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter in benachbarte Staaten. Häufig werden sie dabei von einem Mittelsmann – einem sogenannten „Sardar“ – mit finanziellen Vorschüssen angeworben.
Im vorliegenden Fall heuerte der Besitzer einer Ziegelei im Bundesstaat Telangana einen Mittelsmann an, der Arbeitskräfte für die kommende Saison anwerben sollte. Der Besitzer übergab dem Vermittler eine Bargeldsumme von etwa 34.000 Euro für die Vorschusszahlungen.
Mit dem Versprechen auf Lohn rekrutierte der Mittelsmann 47 Arbeitskräfte aus Odisha, die sich daraufhin zusammen mit ihren Familien auf den Weg nach Telangana machten.
Der Mittelsmann ist verschwunden – die Familien sind gefangen
Aber zu dem Zeitpunkt, als sie in der Ziegelei ihre Arbeit aufnahmen, hatte sich der Mittelsmann bereits mitsamt ihren Vorschüssen abgesetzt und war nicht mehr auffindbar.
In der Annahme, dass sie bald entlohnt würden, schufteten die Arbeiterinnen und Arbeiter bis zu 14 Stunden am Tag in der Ziegelei. Umgekehrt ging der Fabrikbesitzer davon aus, dass sie bereits bezahlt worden waren und ließ sie Ziegel für seinen Betrieb herstellen.
Nach drei Monaten wurde den Familien klar, dass sie um ihr Geld betrogen worden waren. Als sie den Ziegeleibesitzer zur Rede stellten, zeigte er ihnen ein Video. Darauf zu sehen war der angeheuerte Mittelsmann, der Tüten mit Bargeld entgegennahm. Geld, das für die Vorauszahlungen an die Familien vorgesehen war.
Dass die Familien betrogen worden waren, erkannte zwar auch der Besitzer. Trotzdem forderte er die Leistung ein, die ihm versprochen worden war und ließ die Arbeiterinnen und Arbeiter weiter Ziegel für seine Fabrik produzieren.
Beweisvideo alarmiert die Polizei und IJM
Den aufgebrachten Familien gelang es, das Video einem Journalisten in Odisha zuzuspielen und ihn um Hilfe zu bitten. Der Journalist kannte die Arbeit von IJM und benachrichtigte sowohl unser regionales Team als auch die örtliche Polizei.
IJM unterstützte die Regierungsbeamten in Odisha und Telangana dabei, den Vorfall zu untersuchen. Der Ziegeleibesitzer zeigte sich kooperativ und willigte ein, die Familien auf seine Kosten nach Hause zurückkehren zu lassen. Ende Januar 2021 trafen sie wohlbehalten in ihren Dörfern ein.
„Die Familien beschwerten sich nicht über den Ziegeleibesitzer. Sie erklärten mehrmals, dass er für ihre Verpflegung und andere Dinge aufgekommen sei,“ schildert ein IJM Mitarbeiter aus Indien. „Aber sie waren wütend darüber, dass der Mittelsmann sie betrogen hatte und forderten seine Verhaftung.“
Gegen den Vermittler wurde von der Polizei von Odisha ein Haftbefehl erlassen. Die Behörden von Telangana ermitteln darüber hinaus gegen den Ziegeleibesitzer und ergreifen Maßnahmen, die es ihm unmöglich machen sollen, zukünftig Menschen auszubeuten.