Damru and Hemanthi wollten für sich und ihre Familie ein neues Zuhause bauen. Sie fanden einen Job in der Stadt, um die Schulden abzubezahlen – und endeten in Sklaverei auf einer Hühnerfarm. Sie lebten in ständiger Angst vor dem Besitzer und in Sorge um ihren kleinen Sohn. Eine Begegnung am Bahnhof führte plötzlich zur Befreiung...
Schmerzhafte Verluste
Als Damru und Hemanthi ihr erstes Kind erwarteten, freuten sie sich riesig. Doch als ihre Tochter gerade drei Monate alt war, bekam sie hohes Fieber. Da es in ihrer Nähe keine medizinischen Einrichtungen gab, mussten sie bis zum kommenden Morgen warten, um sie zum Arzt 20 Kilometer entfernt zu bringen. Eine Stunde nach der Ankunft verstarb das Mädchen.
Die beiden waren am Boden zerstört, jedoch weiterhin fest entschlossen, eine Familie zu gründen. Hemanthi wurde wieder schwanger. Dieses Mal lebte ihr kleiner Junge allerdings nur wenige Minuten.
Versuchter Neuanfang
Der Schmerz von Hemanthi und Damru war unbeschreiblich. Daraufhin wollten sie neu anfangen. Damru lieh Geld von seinen Verwandten, um ein neues Zuhause zu bauen.
Als Hemanthi zum dritten Mal schwanger wurde, war ihre Freude erst verhalten.
Allerdings standen sie immer noch vor der Herausforderung, genug Geld zusammenzubekommen, um ihre Schulden abzubezahlen. Die kleine Familie fand Arbeit in der Stadt und ihr Neffe Bhujbal, eine Junge im Teenageralter, kam mit ihnen.
Kurz nachdem das neue Zuhause fertig gebaut war, hielten sie einen gesunden Jungen namens Durga in ihren Armen. Endlich konnten sie aufatmen und waren voller Liebe und Dankbarkeit für dieses wertvolle Geschenk.
Sie schätzten sich glücklich, dass sie gut bezahlte Arbeit auf einer Hühnerfarm im Nachbarstaat 1,600 Kilometer entfernt fanden. Leider stellte sich bald heraus, dass der Job eine Lüge war.
Gefangen im Hühnerstall
Sie durften ihre Kleider und ihre Handys behalten, mussten jedoch sofort anfangen, Hühnerkot vom Boden und von den Wänden zu schrubben, während ihr Baby in der Nähe lag. Der Besitzer der Farm gab das vage Versprechen, dass er ihre Unterkunft noch bauen werde. „Aber das ist niemals geschehen“, sagt Hemanthi. „Wir waren gezwungen, im Hühnerstall zu leben.“
Während Damru und Hemanthi die 6000 Hühner auf der Farm täglich fütterten, ihnen Wasser gaben und die Ställe desinfizierten, waren sie ständig in Sorge um ihren Sohn. Umgeben von giftigen Chemikalien litt der kleine Durga regelmäßig an Durchfall, Erkältungen, Husten und Hautallergien.
Ein Leben in Angst
Abends schlief die Familie in einer heruntergekommenen Hütte umgeben von Tausenden von Hühnern. Mit Plastiktüten verhinderten sie, dass sie auf dem nassen, vermodernden Boden schlafen mussten.
Skorpione und Schlangen näherten sich der Familie in der Nacht. „Ich hatte meinen Sohn in die Säcke des Hühnerfutters gepackt, um zu verhindern, dass er gebissen wird. Jeden Abend legten wir uns schlafen, ohne zu wissen, ob wir am nächsten Morgen wieder aufwachen werden“, erinnert sich Hemanthi.
Nachdem sie bereits zwei Kinder verloren hatten, konnten sie den Gendanken nicht ertragen, ein weiteres Kind an diesem schrecklichen Ort zu verlieren.
Eine hoffnungsvolle Begegnung
Als Hemanthi erfuhr, dass ihre Schwiegermutter ernsthaft erkrankt war, flehte sie den Besitzer der Farm an, sie besuchen gehen zu dürfen. Wie durch ein Wunder durften sogar Bhujbal und Durga mit ihr gehen. Damru hingegen war gezwungen, zurückzubleiben und zu arbeiten.
Am Bahnhof wurden sie von zwei IJM Informanten entdeckt, die dafür ausgebildet sind, Zeichen von Menschenhandel zu erkennen. Ihnen fiel Hemanthis Verzweiflung auf. Als diese sie ansprachen und ihr Fragen zu ihrer Situation stellten, hielt Hemanthi sich mit ihren Antworten zurück, weil sie Angst hatte, dass sie wieder überlistet werde.
Es war Bhujbal, der alles erzählte, sodass Ermittler und Beamte von der Regierung sofort eingeschaltet werden konnten. Nun ging es darum, Damru und die anderen versklavten Arbeiter zu befreien.
Ein Leben in Freiheit
Aus den jungen Eltern sind zwei mutige und widerstandsfähige Menschen geworden. Der Weg zu Damrus und Hemanthis Zuhause führt über eine schmale, staubige Straße im indischen Staat Odisha. Ihr Dorf ist klein und ihr Zuhause einfach und sauber. Hemanthi trägt den kleinen Durga auf ihrer Hüfte und bringt ihn in den Kindergarten, bevor sie zur Arbeit auf einem Bauernhof in der Nähe geht.
„Tschüss!“, ruft Durga in seiner süßen, hohen Stimme.