Chennai, Indien: Dank der guten Zusammenarbeit zwischen IJM und unserer Partnerorganisation SHED India konnte ein 15-jähriger Junge in Indien nach zehn Jahren in Sklaverei befreit werden. Damit ist einer von immer mehr Fällen erfolgreich abgeschlossen, den eine lokale und von IJM geschulte Organisation durchführt.
Mitarbeiter von SHED India wurden auf den Fall des Jungen aufmerksam. Aus existenzieller Not heraus hatte seine Familie vor zehn Jahren von einem Ziegenbauern ein Darlehen über umgerechnet etwa 1.600 Euro angenommen. Um die Schuld begleichen zu können war die Familie gezwungen, ihren damals fünfjährigen Sohn zur Arbeit als Ziegenhirte bei dem Bauern zu schicken.
Zehn Jahre lang auf sich alleine gestellt
Mehrere Monate lang ermittelte das Team von SHED India im Fall des Jungen, um mehr über ihn in Erfahrung zu bringen. So erfuhren sie, dass er nie die Möglichkeit hatte, eine Schule zu besuchen und sich nur wenig an seine Familie oder seinen Heimatort erinnerte. Jahrelang musste er sich alleine durchschlagen, schlief unter freiem Himmel neben den 300 Ziegen, die er hütete und hatte oft nicht genug zu essen. Er berichtete auch, dass er vom Besitzer der Ziegen brutal verprügelt wurde, als eines der Tiere verloren ging. Danach durfte er die Herde nicht einmal verlassen, um seine Verletzungen von einem Arzt versorgen zu lassen.
IJM Partnerorganisation schreitet mit lokalen Behörden ein
Um den Jungen vor weiteren Misshandlungen bewahren zu können, informierten die Mitarbeiter von SHED India ein lokales „One Stop Crisis Team“. Dabei handelt es sich um ein Einsatzteam, das besonders schnell und unbürokratisch handeln kann, um auf Notfälle zu reagieren. Diese neu gegründete Initiative der indischen Regierung richtet ihre Arbeit auf den Kampf gegen Sklaverei und Menschenhandel aus.
Anfang Dezember durchstreifte das Team auf der Suche nach dem 15-Jährigen das weitläufige Grasland, auf dem die Ziegenherde oft weidete. Es gelang dem Team, den Jungen zu finden und in einer Einrichtung der indischen Behörden in Sicherheit zu bringen. Sowohl Mitarbeiter unseres IJM Büros in Chennai als auch unseres Partners SHED India waren beeindruckt vom Einfühlungsvermögen und der konstruktiven Unterstützung der lokalen Behörden im Verlauf dieses Falls.
Dem Jungen wurde eine offizielle Bescheinigung ausgestellt, die bestätigt, dass er keine Schulden hat und somit frei von den Ansprüchen des Ziegen-Besitzers ist. Darüber hinaus ermöglicht ihm das Dokument den Zugang zu staatlichen Unterstützungsleistungen. Dem Ziegenbauern drohen Verhaftung und Anklage durch die lokalen Behörden.
Erfolgreich gegen Sklaverei - dank geschulter Partner
Erfolgreiche Befreiungen wie in diesem Fall sind ein ermutigendes Beispiel dafür, wie der Arbeitsansatz von IJM von Partnerorganisationen erfolgreich übernommen wurde. Nachdem unsere Teams jahrelang an der Seite der lokalen Behörden Befreiungsaktionen durchgeführt haben, schulen sie nun immer mehr zivilgesellschaftliche Partner wie SHED India darin, Menschenhandel in ihren eigenen Gemeinden zu bekämpfen. So können mehr Befreiungen erreicht werden, als das durch IJM allein je möglich wäre.
Wir erleben, dass dieser Arbeitsansatz funktioniert und so jedes Jahr tausende Kinder, Frauen und Männer durch die Arbeit unserer Partner Freiheit erfahren dürfen. Preeti Daniel, Mitarbeiterin des IJM-Büros in Chennai, erklärt: „Ich bin stolz darauf, dass das Team von SHED India sich bei diesem Fall nicht abbringen ließ und dafür gesorgt hat, dass dieser Junge heute nach zehn Jahren frei ist.“ Sie fügt hinzu: „Das Bemerkenswerte an dieser Befreiung ist das bravouröse Zusammenlaufen der Bemühungen aller Beteiligten sowie ihr koordinierter Einsatz, um sicherzustellen, dass der Junge offiziell freigelassen wird und wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann."