Mitten im Lockdown vieler Länder befürchten IJM und andere Experten wie Unicef und Europol: Die sexuelle Ausbeutung von Kindern über das Internet nimmt zu und gefährdet besonders Kinder in Armut. Vorstandsvorsitzender Dietmar Roller erklärt die Hintergründe und, wie IJM auf diese Notlage reagiert.
Wir sitzen zuhause oder arbeiten so, dass Menschen den nötigen Abstand halten. Corona hat unsere Gesellschaft fest im Griff. Mitten in dieser ungewöhnlichen Zeit erleben wir viel Solidarität. Die Pandemie bringt vielerorts das Beste aus uns hervor. Wir stehen als Gesellschaft für den Schutz derer ein, die besonders verletzlich dem Virus gegenüber sind.
Mehr Nachfrage nach pornografischen Inhalten - legal und illegal
Leider bringt Corona auch das Schlimmste in uns Menschen zum Vorschein. Die Nachfrage nach pornografischem Material steigt derzeit immens an, bei legalen Internetseiten und entsprechend im illegalen Bereich. Einem neuen Europol-Bericht zufolge gibt es mehrere Indikatoren, die Aufschluss darüber geben können, ob es während der COVID-19-Krise zu einer Zunahme der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Internet gekommen ist. Europol wird diese Indikatoren in den kommenden Wochen überwachen, um die Auswirkungen des Virus zu bewerten und die Ermittlungen zu unterstützen.
Bereits jetzt wird eine Zunahme von Versuchen verzeichnet, auf illegal blockierte Webseiten mit Material über sexuellen Kindesmissbrauch zuzugreifen. Die Anzahl der Berichte aus der Öffentlichkeit an Strafverfolgungsbehörden und Hotlines nehmen zu. In Spanien zum Beispiel ist die Zahl der Berichte deutlich gestiegen und in Dänemark hat sich die Zahl der Online-Durchsuchungen zum Zugriff auf illegale Websites verdreifacht. Isolierte und "gelangweilte" Straftäter, die ihr zunehmendes Interesse am Bilderhandel in Online-Gemeinschaften von Straftätern bekunden, nehmen anscheinend zu.
Kinder in Armut besonders gefährdet im Lockdown
Mit Besorgnis sehen wir als IJM die Gefahr besonders für Kinder, Opfer von sexueller Ausbeutung über das Internet zu werden. 185 Länder haben die Schulen und Bildungseinrichtungen geschlossen. Kinder halten sich mehr zu Hause auf und sind in Folge dessen auch verstärkt online.
UNICEF warnt, dass dadurch mehr als 1,5 Milliarden Kinder gefährdet sind, von auflauernden Tätern und Täterinnen angeworben zu werden.
Auch EUROPOL ist besorgt um die Sicherheit von Millionen von Kindern überall auf der Welt. Kinder aus armen Verhältnissen sind besonders gefährdet, denn die Auswirkungen des Coronavirus lassen die Volkswirtschaften einbrechen. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt haben bereits ihren Arbeitsplatz verloren, während die globalen Aktienmärkte ins Bodenlose abstürzten.
Wirtschaftlicher Zusammenbruch trifft die Ärmsten am heftigsten
Wir wissen, dass in Krisenzeiten bereits marginalisierte Gruppen dazu neigen, die Hauptlast der Folgen zu tragen. Wenn Menschen in finanziellen Schwierigkeiten stecken, sind Kinder stärker isoliert und weniger an unterstützende Netzwerke gebunden als in normalen Zeiten, und der Verkauf von Kindern zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung nimmt zu. Gerade in den Ländern des Südens ist die Not im Moment sehr groß durch den Lockdown. Millionen Menschen sind in einer verzweifelten Lage und können ihre Familien nur noch unter größten Schwierigkeiten ernähren. In dem Kontext kann die Versuchung groß sein, Jungen und Mädchen online an Wohlhabende aus anderen Teilen der Welt zu verkaufen, um das Überleben zu sichern. So werden Jugendliche und Kinder zur Ware in ihrem eigenen Umfeld - oft sogar in ihrem eigenen Zuhause.
Sexuelle Ausbeutung über das Internet ist grausamer Missbrauch
Corona beschleunigt dieses Geschäft nicht nur auf der Seite der Armen, sondern auch hier bei uns haben Täter und Täterinnen mehr Zeit und einen größeren privaten Freiraum, ganz im Stillen. Täter und Täterinnen auf der Nachfrageseite überall auf der Welt überweisen mit schnellen Bezahlsystemen wie Paypal jederzeit in Minuten Geld von einem Ort der Welt zu einem anderen. Live sehen sie dem Missbrauch zu oder dirigieren direkt perverse Wünsche.
Wie IJM jetzt auf die Notlage reagiert
Seit Jahren bekämpft IJM auf den Philippinen in enger Zusammenarbeit mit den Behörden dieses Verbrechen. Die Philippinen gelten weltweit als ein Hotspot für die sexuelle Ausbeutung von Kindern über das Internet. IJM ist jetzt besonders aktiv, um wo immer wir können dieser Art von Ausbeutung Einhalt zu gebieten. Trotz der Ausgangssperren durch Corona ist das IJM Team auf den Philippinen und in anderen Projektländern von IJM investigativ tätig.
Auch wenn du zurzeit zuhause bist, gibt es Möglichkeiten, IJM nicht nur finanziell zu unterstützen, sondern selbst aufmerksam zu sein. Sexuelle Ausbeutung von Kindern betrifft sowohl Mädchen als auch Jungen. Achte auf Kinder in deinem Umfeld. Wenn du ein Vertrauensverhältnis zu ihnen hast, höre ihnen gut zu, sodass sie dir gegenüber offen sein können. Urteile nicht oder unterbrich Kinder nicht, wenn sie sich dir anvertrauen. Mache ihnen klar, dass es nie die Schuld eines Kindes ist, wenn etwas passiert ist und melde Vorfälle der Polizei oder an eine Hotline.