Innerhalb von nur einem Monat wurden in zwei Fällen drei Menschenhändler in Thailand verurteilt. Es handelte sich um ein Paar aus Myanmar und um einen Mann aus Kambodscha. In beiden Fällen ging es um Arbeitsausbeutung in der thailändischen Fischereiindustrie. Die Verurteilungen sind ein Meilenstein in der Arbeit von IJM in Bangkok.
Anfang Mai 2019 verurteilte das Gericht in Thailand einen Menschenhändler zu sechs Jahren Haft. Er hatte geholfen, fünf Betroffene aus Kambodscha nach Thailand in die Ausbeutung in der Fischereiindustrie zu verschleppen. Acht seiner Komplizen wurden bereits zuvor von einem Gericht in Kambodscha verurteilt. „Wir hoffen, dass die starke Zusammenarbeit in der Region Arbeiter schützt, indem gezeigt wird, dass Menschenhandel nicht ungestraft bleibt“, sagt Andrey Sawchenko, Leiter des IJM Büros in Bangkok.
Zwei Menschenhändler aus Myanmar verurteilt
Im April verurteilte das Strafgericht in Bangkok zwei Menschenhändler aus Myanmar zu je 18 Jahren Haft. Der Schuldspruch erfolgte zwei Wochen nach dem Geständnis der Angeklagten. Das Paar hatte eine Familie von zwölf Personen, darunter fünf Kinder, nach Südthailand verschleppt.
IJM unterstützte die Behörden im August 2018 bei der Verhaftung der beiden Täter. Ihr Antrag auf Freilassung gegen Kaution wurde abgelehnt, sodass sie die Zeit im Gefängnis verbrachten. Es ist der erste Fall von Arbeitsausbeutung, den IJM in Thailand unterstützte und der in einem Schuldspruch endete.
Falsche Versprechen und Schuldknechtschaft
Die Menschenhändler arbeiteten zusammen mit einem Vermittler in Myanmar, der die Familie nach Thailand lockte. Sie versprachen gut bezahlte Jobs in der Fischereiindustrie und in den Hafenstädten. Nach der Ankunft in Südthailand wurden die Männer gezwungen, als Fischer zu arbeiten und in Schuldknechtschaft gefangen gehalten. Sie bekamen nur einen Bruchteil des versprochenen Lohnes. Zwei junge Mädchen wurden dazu gezwungen, als Hausmädchen bei den Tätern zu arbeiten. Eine weitere junge Frau bedrohten sie mit dem Messer, damit sie einen ihrer Arbeiter heiratete.
Die Familie lebte in ständiger Angst, wurde mit Gewalt bedroht und ihre Schulden stiegen immer weiter an. Ende 2017 baten die Opfer über eine Hotline um Hilfe, worauf die Behörden eingeschaltet wurden. Ein Netzwerk von verschiedenen Partnerorganisation und Institutionen konnten die Familie befreien und die beiden Täter im August 2018 verhaften. IJM Thailand unterstützte den Fall von den Ermittlungen an bis zur Urteilsverkündigung.
Ausbeutung im Schatten der riesigen Fischereiindustrie Thailands
Im vergangenen Jahrzehnt haben internationale Medien bereits auf die stark ansteigende Ausbeutung, Missbrauch und Menschenhandel in der riesigen thailändischen Fischereiindustrie aufmerksam gemacht. Männer aus den umliegenden Ländern – oftmals verarmte, ungebildete Arbeiter – sind hoch gefährdet, über die Grenzen nach Thailand gehandelt zu werden. Die Art der Arbeit auf den Schiffen begünstigen dieses Verbrechen. Die Fischerei ist gefährlich und arbeitsintensiv. Außerdem bleiben viele Schiffe über lange Zeit auf See, sodass die Arbeiter isoliert sind und Behörden nur wenig kontrollieren.
Wie häufig Menschenhandel unter Fischern auf thailändischen Schiffen ist, lässt sich nur schätzen. Dies wird dadurch erschwert, dass die Fischer sehr viel Zeit auf See verbringen und deshalb schwer erreichbar sind. 2016 führte IJM zusammen mit Partnern eine Studie unter Fischern aus Kambodscha und Myanmar durch und konnte bestätigen, dass Menschenhandel weit verbreitet ist und sich die Muster von Missbrauch wiederholen. Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie eröffnete IJM 2017 ein Büro in Bangkok.
Die Studie zeigte, dass mehr als ein Drittel der Befragten in den vorangehenden fünf Jahren gehandelt wurden. Fast ein Drittel von ihnen hat zugesehen, wie andere Crewmitglieder misshandelt wurden und einer von sieben wurde selbst körperlich misshandelt. Erstaunliche 76,2 Prozent der Befragten hatten Schulden, bevor sie die Arbeit aufnahmen . Es sind nicht nur Männer von der Ausbeutung betroffen. Wie in dem erwähnten Fall sind gelegentlich ganze Familien betroffen.
Die Strafverfolgung von Fällen der Arbeitsausbeutung in der thailändischen Fischerei ist selten, Verurteilungen noch seltener. Für das Jahr 2017 ging es in nur 2 Prozent der Fälle von Menschenhandel in Thailand um Arbeitsausbeutung auf Fischerbooten. In den Fällen, wo es zu einer Verurteilung kam, war das Strafmaß in der Regel sehr gering: 33 Prozent der verurteilten Menschenhändler bekamen 2017 eine Strafe von mehr als 10 Jahren Haft. Das jetzt erreichte hohe Strafmaß von 18 Jahren ist deshalb ein wichtiger Durchbruch. Es wurde nur aufgrund des Schuldgeständnisses von 36 auf 18 Jahre reduziert.
Rückkehr nach Hause
Die betroffene Familie nimmt nun an dem Nachsorgeprogramm von IJM teil und lebt in einer geschützten Unterkunft. IJM kümmert sich zusammen mit den Partnerorganisationen um sie. Nach dem Abschluss des Gerichtsverfahrenes wird IJM ihnen nun helfen, damit sie sicher nach Myanmar zurückkehren können.