Die weltweite Corona-Pandemie hat einen erheblichen Einfluss auf Menschenhandel. Gefährdete Gruppen finden sich in einer noch schwierigeren Situation und ihr Zugang zu Hilfsleistungen ist stark eingeschränkt. Eine neue Studie belegt, was lange nur Vermutungen waren.
Die beiden Institutionen UN Women und das Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte haben eine Studie über die Auswirkungen von Corona auf den Menschenhandel herausgegeben. Es wurden Betroffene aus 40 Ländern sowie Hilfsorganisationen aus 102 Ländern befragt. Der größte Teil der Befragten waren Frauen. Auch wenn die erhobenen Daten zu einem großen Teil aus Nordamerika stammen, ist die Studie doch sehr umfassend und aussagekräftig, was die tatsächlichen Auswirkungen der Pandemie betrifft. Sie umfasst große Datenmengen sowie Informationen und Belege aus erster Hand.
Situation der Betroffenen verschlechtert
Man ist sich allgemein einig, dass Corona die Verletzlichkeit von bereits gefährdeten Gruppen gesteigert und Auswirkungen auf die Hilfsdienste hat. Die Studie belegt dies. Sie zeigt auf, dass den Betroffenen oft der Zugang zu Hilfeleistungen fehlt. Vielen von ihnen fehlen sogar die grundlegendsten Dinge wie Wasser und Nahrung. Dies hat verheerende Auswirkungen, auch auf ihr psychologisches und finanzielles Wohlergehen. Ein Drittel der befragten Betroffenen gaben an, dass ihnen riskante Arbeitsangebote gemacht wurden. In den meisten Fällen erfolgte die Annäherung über das Internet. Durch die Pandemie wurden bereits bestehende geschlechterspezifische Schwachstellen verschärft. Dies zeigt sich zum Beispiel in einer deutlichen Zunahme von häuslicher Gewalt. Diese führt wiederum dazu, dass Frauen noch stärker gefährdet sind, Opfer von Menschenhandel zu werden, da sie in ausweglosen Situationen eher bereit sind, Risiken einzugehen und dubiose Angebote anzunehmen.
Kinder sind durch die Pandemie ebenfalls stärker gefährdet, da sie aufgrund von Schulschließungen zu Hause sind, wo sie häuslicher Gewalt und wirtschaftlichem Druck von der Familie ausgeliefert sind. Hinzu kommt die Gefahr der sexuellen Online-Ausbeutung von Kindern, die oft von ihnen nahe stehenden Personen wie Eltern oder Verwandten online sexuell ausgebeutet werden. Durch die Pandemie sind die Kinder verstärkt online präsent und in Isolation mit den Täterinnen und Tätern, die sie ausbeuten. Das hat dazu beigetragen, dass die sexuelle Online-Ausbeutung von Kindern durch die Pandemie zugenommen hat.
Herausforderungen bei Hilfeleistungen
Die Organisationen, die sich um Betroffene kümmern, sehen sich durch die Pandemie mit erheblichen Herausforderungen bei ihren Aktivitäten konfrontiert, und zwar aufgrund zusätzlicher Hindernisse bei der Koordinierung und Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen und Strafverfolgungsbehörden, fehlender finanzieller Mittel, Schwierigkeiten, gefährdete Gruppen zu erreichen, und der Aussetzung oder Verschiebung geplanter Präventions- und Sensibilisierungsaktivitäten. Die Identifizierung von Betroffenen hat sich vielerorts verlangsamt und Schutzunterkünfte haben Mühe, den Betrieb aufrechtzuhalten. Dadurch haben Betroffenen oft noch weniger oder nur verzögert Zugang zu Hilfeleistungen wie Unterkünfte, Entschädigungen oder Maßnahmen zur Wiedereingliederung. Dabei sind gerade die Beratung und Unterstützung von Betroffenen besonders wichtig. Es zeigte sich, dass in Länder mit einem nationalen Überweisungsmechanismus der Zugang zu Reintegrations- und Rehabilitationshilfe während der Pandemie leichter zugänglich sind.