Wenn ich auf das zurückliegende Jahr schaue, bin ich vor allem dankbar. Seit über 20 Jahren befreit IJM mit eurer Unterstützung Tausende Menschen aus Sklaverei und Unterdrückung und tritt für ihre Rechte ein. Insgesamt konnten wir zusammen 50.000 Menschen aus Sklaverei und Unterdrückung befreien. Jede und jeder von ihnen zählt.
Neben den wichtigen Spenden für die weltweite Arbeit von IJM ist es uns ein Anliegen in Deutschland die Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft über Sklaverei aufzuklären und zu mobilisieren. Das Jahr 2019 stand dabei ganz im Zeichen sklavenfreier Lieferketten. IJM setzt sich weltweit gegen Sklaverei und Menschenhandel ein. Deutschland ist drittgrößter Importeur von Risikoprodukten aus moderner Sklaverei.
IJM Gründer und Präsident Gary Haugen (rechts im Bild) auf dem World Economic Forum in Davos.
"Gamechanger" aus Politik und Wirtschaft gesucht
Auf internationaler Ebene suchte IJM diese Gespräche gleich zu Beginn des Jahres auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. IJM Gründer und Präsident Gary Haugen forderte in einem Podiumsgespräch mit CNN zum Thema „Ending Modern Slavery“ Führungskräfte heraus, eine Hauptaufgabe im Kampf gegen Sklaverei zu übernehmen: Regierungen aufzufordern, ihre Gesetze gegen Sklaverei endlich durchzusetzen.
Auf nationaler Ebene organisierte IJM Deutschland mit dem Advocacy Day und der Gamechanger Konferenz zwei Veranstaltungen, die sich an deutsche Politikerinnen und Politiker und Unternehmen richtet. In Politik und Wirtschaft sind „Gamechanger“ gefragt, die mit innovativen Ideen und neuen Partnerschaften Ansätze für sklavenfreie Lieferketten finden. Deshalb freute es uns, zur Gamechanger Konferenz in Berlin große deutsche Konzerne wie Daimler gemeinsam mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung begrüßen zu dürfen.
Im Gespräch mit Uwe Kekeritz (Bündnis 90/Die Grünen).
Advocacy Day: im Gespräch mit Abgeordneten des Bundestages
Um der deutschen Politik zu signalisieren, dass die Gesellschaft mehr Einsatz im Kampf gegen Sklaverei fordert, sicherten wir uns die Unterstützung unserer nunmehr 731 Ehrenamtlichen in ganz Deutschland. Auf dem Advocacy Day schulten wir unsere IJM Botschafterinnen und Botschafter darin, das Gespräch mit Abgeordneten des deutschen Bundestages zu suchen und für eine deutsche Beteiligung am Global Fund To End Modern Slavery (GFEMS) zu werben. Der GFEMS versammelt als multilaterale Partnerschaft die relevanten Akteure – Staaten, die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft – um einen Tisch, um mit einer einheitlichen Strategie Sklaverei weltweit Einhalt zu gebieten. In 11 Gesprächen mit Abgeordneten setzten sich die 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Advocacy Day dafür ein, dass Deutschland in den Fond einzahlt.
Frank Heinrich (CDU/CSU) verweist während seiner Rede auf das #frei Band.
#unfrei Kampagne im vierten Jahr
Die Bewegung der Ehrenamtlichen, die sich in ganz Deutschland und der Schweiz für die Aufklärung der Gesellschaft über Sklaverei einsetzen, ist 2019 um 173 neue Botschafterinnen und Botschafter gewachsen. In vier Starterschulungen in Basel, Berlin, Stuttgart und Münster wurden die neuen Ehrenamtlichen mit der Arbeit von IJM vertraut gemacht. Mit ihrer jährlichen #unfrei Kampagne machten sie auch in diesem Jahr auf Deutschlands Straßen am 18. Oktober – dem europäischen Tag gegen Menschenhandel – darauf aufmerksam, dass es uns alle im Kampf gegen Sklaverei und Menschenhandel braucht. Auch viele Abgeordnete beteiligten sich durch das Tragen unserer blauen #frei Armbänder an der Kampagne, sogar besonders öffentlichkeitswirksam bei einer Rede im Plenarsaal des Bundestages!
Evelyn Pingul (dritte von rechts) im Expertengespräch der Konrad Adenauer Stiftung.
Kinderschutz über Grenzen hinweg
Neben der Verantwortung für sklavenfreie Lieferketten war für IJM Deutschland auch die Verantwortung beim Kinderschutz in diesem Jahr besonders wichtig. Immer mehr Kinder werden auf den Philippinen über das Internet sexuell ausgebeutet. Unter den Tätern sind auch Deutsche, die vor ihrem Bildschirm den Missbrauch über Live-Chats dirigieren. Deshalb klärte IJM Expertin Evelyn Pingul bei einem Expertengespräch auf, zu dem die Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin am 21. Februar eingeladen hatte. Dort diskutierten Fachleute aus Deutschland und Europa, wie die Strafverfolgung über Grenzen hinweg gelingen kann.
Umso mehr freuten wir uns über die Nachricht, dass mit Hilfe von IJM im April ein philippinischer Staatsbürger festgenommen werden konnte, der als „Most Wanted“ von Europol wegen der Produktion von Missbrauchsdarstellungen von Kindern sowie deren Verbreitung im Darknet gesucht wurde. Damit gelang den Behörden ein wichtiger Schlag gegen Cybersex-Ausbeutung. Der Täter wurde im Dezember zu 20 Jahren Haft verurteilt.
Eröffnung des IJM Büros in Rumänien
Cybersex-Ausbeutung offenbart, was für das kriminelle Geschäft der Sklaverei allgemein gilt: Es ist ein globales Verbrechen, das über Grenzen hinweg funktioniert und profitgesteuert ist. Mit einem jährlichen Gewinn von 150 Milliarden US-Dollar wird deutlich, wie profitabel das Geschäft mit der „Ware Mensch“ ist. Um dieses Geschäft erfolgreich bekämpfen zu können, braucht es einen Zusammenschluss vieler Organisationen, Länder und Unternehmen weltweit. Daher begann für IJM das Jahr mit einer neuen Vision: Millionen befreien, eine halbe Milliarde schützen und Rechtssysteme stärken, um Sklaverei zu beenden und Gewalt gegen Arme nachhaltig zu bekämpfen.
Ganz konkret äußerte sich die neue Vision auch in der Eröffnung eines neuen IJM Büros in Rumänien. Das Land gilt als Knotenpunkt für Menschenhandel in Osteuropa. Gemeinsam mit lokalen Partnern und Behörden möchten wir in Zukunft strategisch dagegen vorgehen.
Auch 120 Kirchen und Gemeinden in Deutschland war es beim Sonntag für Freiheit im Oktober ein Anliegen, durch ihren Gottesdienst auf Sklaverei aufmerksam zu machen und durch ihr Gebet und ihre Unterstützung für die Betroffenen einzustehen. Weltweit nahmen am Freedom Sunday (englischer Titel), den IJM international initiiert, über 16.000 Gemeinden teil. Was für eine Bewegung!
Den Schritt in die Zukunft zu wagen und neue Aufgaben wahrzunehmen bedeutete für IJM Deutschland auch, das Team zu verstärken. Mit Andrea Kern und Martin Lewerentz erhielten wir in diesem Jahr wertvolle Unterstützung im Kommunikationsbereich.