„Es war wie die Hölle.“ Diesen Satz hat Peter Williams oft von Betroffenen gehört, die aus Sklaverei befreit wurden. Er traf Menschen wie Ron, die nach ihrer Befreiung kaum Worte fanden, die erlebte Gewalt zu beschreiben. Trotzdem hat der Jurist Hoffnung – und einen Plan, wie Sklaverei in Thailands Fischereiindustrie gestoppt werden kann:
„Ich habe zehn Jahre lang für IJM in Süd- und Südostasien mit Behörden zusammengearbeitet, um Familien vor Sklaverei und Ausbeutung zu schützen. Oft fühle ich mich niedergeschlagen, wenn ich die Geschichten von Menschen, die schwere Gewalt erlebt haben, höre. Doch in den vergangenen Jahren habe ich auch gesehen, wie durch Einsätze von IJM auf der ganzen Welt das Leben von Millionen schutzbedürftiger Menschen nachhaltig verändert wurde.
Ich bin hoffnungsvoller denn je, dass ein systemischer Wandel möglich ist; dass Rechtssysteme gestärkt werden können und Menschen in Armut Zugang zum Recht bekommen. Auf diese Weise können wir Arbeitsmärkte in Ländern des globalen Südens sicherer machen und Arbeiterinnen und Arbeiter stärken, die aufgrund ihrer Armut besonders verwundbar sind.
Im globalen Rampenlicht: Sklaverei in Thailands Fischereiindustrie
IJM arbeitet seit 2000 in Thailand. 2016 haben wir angefangen, gemeinsam mit anderen Interessengruppen gegen die weit verbreitete Ausbeutung in Thailands riesiger Fischereiindustrie vorzugehen. Internationale Schlagzeilen hatten das Thema auf die globale Bühne gebracht und Beweise dafür enthüllt, dass Männer aus Nachbarländern nach Thailand gehandelt wurden. Die Betroffenen leben in Armut, haben oft keine Bildung und sind auf der verzweifelten Suche nach Arbeit ins Ausland migriert. Wir wussten auch, dass die Fischereiindustrie Sklaverei begünstigt, denn die Arbeit ist gefährlich und arbeitsintensiv. Außerdem isoliert sie Arbeiter auf dem Wasser, wo kaum Kontrollen stattfinden.
Obwohl dieses Problem bekannt war, gab es nur wenige Daten über die Verbreitung des Menschenhandels unter Fischern auf thailändischen Booten. Zusammen mit der Walmart Foundation sowie dem Issara Institute hat IJM deshalb 2016 an einer Studie gearbeitet, die in Thailand lebende birmanische und kambodschanische Fischer befragt hat.
Wir konnten bestätigen, dass der Menschenhandel weit verbreitet ist. Unter den Migranten, die zwischen 2011 und 2016 auf thailändischen Fischerbooten gearbeitet hatten, waren laut der Studie 37,9 Prozent von Menschenhandel betroffen. Die überwiegende Mehrheit von ihnen (76,2%) hatte bereits vor Arbeitsbeginn Schulden angehäuft.
Wie können wir die Fischer beschützen und Sklaverei in der Region stoppen?
In unseren Projekten in Lateinamerika, Afrika und Asien hat IJM festgestellt, dass Gewaltverbrechen in Umgebungen zunehmen, in denen Gesetze nicht konsequent durchgesetzt werden. IJMs Arbeitsmodell zielt darauf ab, schutzbedürftige Menschen vor Menschenhandel, Arbeitssklaverei und Schuldknechtschaft zu schützen, indem wir mit staatlichen und privaten Partnern zusammenarbeiten, um diese Regionen so zu verwandeln, dass Gesetze effektiv umgesetzt werden.
IJM arbeitet mit Staatsanwälten in Einzelfällen von Gewalt und Ausbeutung zusammen. Wir schulen und betreuen Einsatzkräfte wie Polizei und Sozialdienste, recherchieren, um kriminelle Netzwerke aufzudecken und unterstützen lokale Akteure durch unsere weltweiten Erfahrungen bei der Verbesserung von Rechtssystemen. Eine tiefgreifende, große Veränderung findet nicht aufgrund eines einzelnen Helden statt, sondern weil eine Vielzahl engagierter Stakeholder zusammenarbeitet, um erfolgreiche Ergebnisse zu erzielen.
Durch die sorgfältige Evaluation der weltweiten IJM Arbeit verfügen wir über eine solide Faktenbasis, auf die sich nun unser neuer Arbeitsansatz in der Subregion Greater Mekong stützt: Wenn Täterinnen und Täter konsequent strafrechtlich verfolgt werden und Betroffene eine umfassende Unterstützung zugesichert bekommen, nimmt die Ausbeutung in der Region ab und gefährdete Arbeiterinnen und Arbeiter werden geschützt. Denn: Kriminelle werden gestoppt, wenn die potentiellen strafrechtlichen Folgen größer sind als der potentielle Gewinn.
Auf dem Weg zum Schutz: Nachhaltigkeit, die Grenzen überschreitet
Seit 2017 hat IJM in Bangkok ein Büro eröffnet. Wir machen Fortschritte in der Fallarbeit und das Netzwerk öffentlicher und privater Interessenvertreter, das für eine tiefgreifende Veränderung erforderlich ist, wächst. Multinationale Konzerne übernehmen die Führung, um die Lieferketten von Menschenrechtsverletzungen und Arbeitssklaverei zu befreien. Leitende Beamte auf den höchsten Regierungsebenen in Thailand, Kambodscha und Myanmar sind entschlossen, Veränderungen herbeizuführen. Zusammen unterstützen sie die Durchsetzung der Gesetze gegen Menschenhandel auf Dorf- und Provinzebene. Sowohl internationale als auch lokale Organisationen unterstützen die Betroffenen und setzen sich bei Behörden für besseren Schutz ein.
Aber es gibt noch mehr Arbeit bei der Durchsetzung des Rechts.
Die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften in Thailand zieht Migranten aus den Nachbarländern an. Um ihren Schutz zu stärken, braucht es Mechanismen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Sicherere Wege für die Migration in den Rekrutierungskorridoren nach Thailand und ein schnelles und wirksames Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden sind dafür unerlässlich. Der Aufbau von funktionierenden Rechtsstrukturen kann ein langsamer Prozess sein, aber er ist entscheidend. Ich habe gesehen, wie Rechtssysteme nachhaltig verändert wurden und vielen Menschen zur Freiheit verholfen wurde, die ihren Alltag als „Hölle“ beschrieben und noch mehr Menschen vor dieser grausamen Realität geschützt wurden.