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Europol-Fachbeitrag: Live-Streaming von sexuellem Kindesmissbrauch

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Live-Streaming von
sexuellem Kindesmissbrauch:

Herausforderungen für die Strafverfolgung und
Möglichkeiten der Bekämpfung

Live-Streaming von
sexuellem Kindesmissbrauch:

Herausforderungen für die Strafverfolgung und
Möglichkeiten der Bekämpfung

Ein Fachbeitrag von Anton Toni Klančnik, MA
Spezialist für Kinderschutz, Europäisches Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität, AP Twins, Europol

[Der folgende Artikel basiert auf einem Vortrag des Autors im Rahmen eines Fachgesprächs am 19. Mai 2022 in Berlin zum Thema Live-Streaming von sexuellem Kindesmissbrauch, organisiert von IJM Deutschland und ECPAT Deutschland. Die in diesem Artikel geäußerten Meinungen sind die des Autors und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten von Europol wider.]

In den meisten Rechtssystemen der Welt zählt die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu den schwersten Straftaten. Dass Kinder weltweit gegenwärtig in zunehmendem Maße von dem Verbrechen bedroht sind, ist erschreckend. Zurückzuführen aber ist diese Tendenz auf die Möglichkeiten, die moderne Kommunikationstechnologien und das Internet bieten.

Sexualstraftäterinnen und Sexualstraftäter aus verschiedenen Teilen der Welt treten miteinander in Kontakt, vernetzen sich und tauschen ihre sexuellen Fantasien sowie ihre Erfahrungen mit ihren Opfern aus. Kinder werden zu Trophäen objektiviert in der relativen Anonymität der digitalen Kommunikation.

Kriminelle bieten auf der einen Seite Kinder für verschiedene Formen der sexuellen Ausbeutung an, z.B. auch über Livestream. Auf der anderen Seite bezahlen sie dafür, den sexuellen Missbrauch von Kindern und Kleinkindern in Echtzeit zu konsumieren. Unter den Opfern finden sich sogar Kinder, die in ihrer psychischen Entwicklung noch nicht einmal das Stadium erreicht haben, das sie zum Sprechen befähigt.

„Live Distant Child Abuse“ (LDCA; Live-Missbrauch von Kindern aus der Ferne, Anm. d. Red.), wie Experten von Europol Varianten des „Live-Streaming von sexuellem Kindesmissbrauch“ nennen, ist ein kriminelles Geschäftsmodell, das ebenso simpel wie lukrativ ist für die Zahlungsempfängerinnen und Zahlungs­empfänger. Für die Käufer wiederum ist es äußerst leicht, Zugang zu erhalten. Möglicherweise sind dies die Hauptgründe, die das Angebot und die Nachfrage des Verbrechens befeuern.

Im Bereich des „Live Distant Child Abuse“ beobachteten Experten von Europol in den vergangenen Jahren verschiedene Trends. Aus den jährlichen Veröffentlichungen der „Internet Organized Crime Threat Assessments“ (IOCTA; Erhebung zur Bedrohung durch organisiertes Verbrechen im Internet, Anm. d. Red.) wird die Entwicklung dieser Form von Kriminalität zwischen 2016 und 2021 deutlich. Im Folgenden werden Auszüge aus den einzelnen Jahren aufgeführt:

  • Bereits im IOCTA 2016 beobachtete Europol, dass Fälle von LDCA als wachsen­de Bedrohung gemeldet und erstellte Missbrauchsdarstellungen über Webseiten im Darknet sowie über Peer-to-Peer-Netzwerke verbreitet wurden. Dies hat zum Anstieg der Zahl der im Internet verfügbaren CSEM (Child Sexual Exploitation Materials; Darstellungen der sexuellen Ausbeutung von Kindern, Anm. d. Red.) beigetragen.

    Die Opfer von LDCA stammten üblicherweise aus Südostasien, insbesondere von den Philippinen. Aus mehreren Berichten geht allerdings hervor, dass sich diese Form der Kriminalität auf weitere Länder ausgeweitet hat. Ein Zusammenhang besteht erwiesenermaßen zwischen der Begehung von LDCA und darauffolgenden Reisen mit der Absicht, Sexualstraftaten zu verüben.
  • Dem IOCTA 2017 von Europol zufolge können einige der digitalen Applikationen, die für die Kontaktaufnahme mit den Opfern oder für das Austauschen von Missbrauchsdarstellungen genutzt werden, auch für LDCA angewendet werden. Darunter finden sich zahlreiche bekannte und weit verbreitete Apps mit End-to-End-Verschlüsselungssystem sowie Apps für Videokonfe­renzen.

    Für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs griffen Straftäterinnen und Straftäter bislang tendenziell auf zentralisierte oder konventionelle Verfahren wie Online-Zahlungsdienstleister oder Geldtransferbüros zurück. Zusätzliche Probleme für die Ermittlungen in Fällen von LDCA können die Umge­bungsbedingungen aufwerfen, unter denen der Missbrauch stattgefunden hat – dies ist auch weiterhin der Fall.

    So ist beispielsweise in verarmten Wohngegenden auf den Philippinen kostenlos zugängliches öffentliches WLAN weit verbreitet. Dadurch wird die Ortung von Straftäterinnen und Straftätern über IP-Daten erheblich erschwert.
  • Europol berichtete im IOCTA 2018, dass in der Hälfte aller EU-Mitgliedstaaten (EU MS) die Aktivitäten im Bereich von LDCA zugenommen hatten. Demgegenüber war ihre Zahl in der anderen Hälfte der Mitgliedsstaaten unverändert geblieben. Für die Ermittlungsarbeiten kam erschwerend hinzu, dass an diesen Verbrechen Kriminelle aus Nicht-EU-Ländern beteiligt waren, in denen die Gesetzgebung und die Strafverfolgung nicht immer mit den rasanten technologischen Entwicklungen Schritt halten können.

    Den Erkenntnissen von Europol zufolge findet LDCA in sozialen Medien, Videochats und Online-Chat­rooms statt. Außerdem wurde beobachtet, dass Mobilgeräte, wie Smartphones und Tablets zunehmend stärker genutzt wurden als Computer. Gleichzeitig kamen Wi-Fi und mobiles Internet häufiger zum Einsatz als Kabel-Internet. Nach wie vor stehen Ermittelnde gegen Live-Streaming von sexuellem Kindesmissbrauch einem äußerst komplexen Verbrechen gegenüber.

    Dazu beigetragen hat auch die signifikante Zunahme eines damals neuartigen Trends: das Streaming von selbst-generierten sexuell expliziten Darstellungen, die von Kindern erstellt wurden. Zum Zeitpunkt des Berichts gab es Hinweise darauf, dass ein Teil der Täter, die LDCA konsumierten, auch ins Ausland reisten, um in Nicht-EU-Ländern (z. B. auf den Philippinen oder in Kenia) direkten Missbrauch an Kindern zu begehen.
  • Im gleichen Bericht von Europol aus dem Jahr 2018 wurden veränderte Trends in den Zahlungsmethoden aufgezeigt. Zunehmend wurden mehr Online-Zahlungsdienste, Geldtransferdienste, lokale Zahlungszentren und eine Form eines Informal Value Transfer System (IVTS; informelles Werttransfersystem, Anm. d. Red.) genutzt.

    Das IVTS ermöglichte es, ohne weitere Registrierung, nur mithilfe einer Mobiltelefon- und einer Referenznummer, Geld abzuholen. Virtuelle Währungen wurden (noch) nicht in nennenswertem Umfang verwendet, da eine Barauszahlung im Anschluss an eine eingehende Transaktion schwierig ist. Live-Streaming fand auch im Inland statt. Das bedeutet, dass LDCA geografisch nicht auf Kunden aus westlichen Ländern beschränkt war, die dafür bezahlten, [den Missbrauch von] Kinder[n] aus Entwicklungsländern zu sehen (Anm. d. Red.).

    Berichten zufolge gab es in einigen Ländern Fälle, in denen Live-Streaming im Inland stattfand anstelle von grenzüberschreitendem Streaming.
  • Im IOCTA 2018 äußerte Europol die Erwartung, dass die Prävalenz von Live-Missbrauch von Kindern aus der Ferne und live gestreamten selbsterstellten sexuell expliziten Darstellungen in Zukunft weiter zunehmen wird. Diese Prognose wurde mit der besseren Verfügbarkeit von Hochgeschwindigkeits-Internet in einem zunehmend größeren Teil der Welt begründet.
  • Die Prognose von 2018 traf ein. Europols IOCTA 2019 berichtete, dass sich die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern zwar in Grenzen hielt. LCDA als häufigste Form [dieser Verbrechensart] stellte allerdings eine beträchtliche Ausnahme dar (Anm. d. Red.). Die Täter waren in der Lage, derartige Live-Streams vom anderen Ende der Welt anzusehen.

    Hinsichtlich der Herkunft der Opfer waren die Philippinen nach wie vor das auffälligste Land, obwohl es Hinweise darauf gab, dass LDCA in einer größeren Zahl weiterer Länder auftrat. Da ein großer Teil der Darstellungen sexueller Ausbeutung von Kindern, insbesondere das aus LDCA hervorgegangene Material, aus Entwicklungsländern stammte, war (und ist) es unerlässlich, dass die Strafverfolgungsbehörden der EU weiterhin mit den Strafverfolgungsbehörden in diesen Ländern kooperieren und deren Ermittlungen unterstützen.
  • Der nächste Bericht, IOCTA 2020, beschreibt das Live-Streaming von sexuellem Kindesmissbrauch als Hauptströmung [der kommerziellen Ausbeutung von Kindern], aufgrund seiner steigenden „Beliebtheit“ während der COVID-19-Krise, als Reisebeschränkungen die Täter davon abhielten, Kinder physisch zu missbrauchen (Anm. d. Red.). Da die Täter weniger Möglichkeiten hatten, Kinder direkt zu missbrauchen, entwickelte sich das Live-Streaming zu einer praktikablen Alternative.

    Die Philippinen waren nach wie vor das Land in dem LDCA am häufigsten auftrat. Die Fälle von sexueller Online-Ausbeutung von Kindern auf den Philippinen stiegen während der COVID-19-Krise sprunghaft an. Denn der Lockdown brachte einerseits mit sich, dass es für Familien, die bereits in Armut lebten, schwierig wurde, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und dass andererseits Kinder nicht zur Schule gingen.

Der Bericht von 2020 bestätigte darüber hinaus, dass diese Art der Online-Kriminalität nicht nur auf südostasiatische Länder beschränkt ist. Vielmehr verdeutlichte eine groß angelegte Operation in Rumänien, dass auch die EU nicht immun ist gegen diese Bedrohung.

  • Derselbe Bericht von 2020 legt dar, dass Menschen bedingt durch die COVID-19-Situation mehr Zeit online verbrachten, sei es für Homeoffice, Heimunterricht oder in ihrer Freizeit. Kinder, die sich unbeaufsichtigt lange Zeit online aufhielten, waren daher viel stärker gefährdet, potenziellen Tätern zu begegnen.

    Dass einsame und isolierte Kinder online waren, konnten sich potenzielle Täter zunutze machen und mit ihnen Kontakt aufnehmen in der Absicht, sexuell explizites Material zu produzieren, oder um ein Treffen außerhalb des Internets zu arrangieren.
  • Im IOCTA 2021 ist schließlich zu lesen, dass aufgrund von Reise- und Kontaktbeschränkungen infolge der COVID-19-Pandemie die Fälle von LDCA weiter zunahmen. Die Pandemie scheint die Bedrohung durch LDCA in gewissem Maße beeinflusst und zu einer praktikablen Alternative für diejenigen gemacht zu haben, die üblicherweise grenzüberschreitend pädosexuelle Straftaten begehen würden.

    LDCA kann als eine weitere Quelle zur Erstellung von CSAM dienen, wenn Opfer ohne ihre Einwilligung dabei gefilmt oder fotografiert werden, wie sie für Straftäterinnen und Straftäter sexuelle Handlungen im Live-Stream ausführen (sogenanntes "Capping", von "to capture victims' material"; Darstellungen von Betroffenen aufnehmen, Anm. d. Red.).

Der Austausch von "Capping"-Materialien findet in Dark-Web-Foren statt. In einigen Fällen bezahlen die Täter Minderjährige direkt für den Austausch von selbst erstellten Inhalten. Die Strafverfolgungsbehörden haben beobachtet, dass sich die Nutzung von Online-Plattformen, die sich ausschließlich an Erwachsene richten, verändert hat.

Darüber hinaus haben es einige dieser Plattformen versäumt, jeglichen Zugang zu Minderjährigen zu verhindern sowie die Möglichkeit zu deaktivieren, sexuell explizite Videos zu verkaufen oder darin aufzutreten.

In diesem kurzen Überblick haben wir zahlreiche technologische Aspekte, soziale Entwicklungen, neue Trends und Bedrohungen, den Modus Operandi der Täterinnen und Täter, das Verhalten der Opfer, die beträchtlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise in diesem Bereich krimineller Handlungen, in gewissem Maße auch den Wechsel von sexuellem zu finanziellem Gewinn, die Einbindung anderer Formen der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Internet und die Ausbreitung von LDCA in unterschiedlichen Regionen, etc. beobachtet. Aufgrund dieses Überblicks und einiger neuerer Studien können die Philippinen nach wie vor als ein Drehkreuz der LDCA-Kriminalität angesehen werden.

Internationalen Straftäter/-innen entschlossen entgegentreten

Einige Fälle von sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung von Kindern [1], die online begangen werden oder bei denen Sexualstraftäter in andere Länder reisen und sich dort aufhalten, um Kinder sexuell auszubeuten, sind so genannte grenzüberschreitende Straftaten, die entweder von Einzelpersonen oder von organisierten kriminellen Netzwerken verübt werden. Die Strafverfolgungsbehörden sind häufig mit grenzüberschreitend handelnden Sexualstraftätern konfrontiert, die Teil dieser Netzwerke sind.

Auf der einen Seite stehen die Konsumenten von Darstellungen und Livestreams des sexuellen Missbrauchs von Kindern, die meist aus Ländern in Europa, den USA und Australien stammen. Auf der anderen Seite gibt es die Vermittelnden, darunter auch Eltern und Erziehungsberechtigte aus verschiedenen Teilen der Welt, die den Kontakt zu den Opfern herstellen oder Kinder für den Missbrauch zur Verfügung stellen.

Die grenzüberschreitende Dimension des Verbrechens stellt die Ermittlungen, die Strafverfolgung und die Gerichtsverfahren in Fällen von Live-Streaming von sexuellem Kindesmissbrauch vor außergewöhnliche Herausforderungen. Dazu fällt auch, den Opfern „Restorative Justice“ (Formen der Konfliktlösung durch Wiedergutmachungsverfahren, Anm. d. Red.) sowie internationale Entschädigungsleistungen zuteilwerden zu lassen.

Infolgedessen muss klar definiert werden, was in der jeweiligen nationalen Gesetzgebung als Verbrechen gegen die sexuelle Integrität von Kindern gilt und welche wirksamen Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Art von Verbrechen erforderlich sind.

Reaktion der Europäischen Union gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern

Die EU hat sich verpflichtet, auf EU-Ebene eine wirksame Antwort auf die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu geben. In den letzten Jahren hat die Europäische Kommission dahingehend eine Reihe von Initiativen vorgelegt, insbesondere die Annahme der EU-Strategie für eine wirksamere Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs im Jahr 2020 [2].

Durch eine Kombination von legislativen und nicht-legislativen Instrumenten bietet sie einen Rahmen für die Entwicklung einer starken und umfassenden Reaktion auf diese Straftaten, sowohl in ihrer Ausprägung als Online- als auch als Offline-Verbrechen.

Die Strategie der EU enthält acht Initiativen zur Umsetzung und Entwicklung des angemessenen Rechtsrahmens sowie zur Stärkung der Strafverfolgung und zur Katalyse eines koordinierten Vorgehens aller Beteiligten hinsichtlich der Prävention, der Ermittlungen und der Unterstützung der Opfer, unter Einbeziehung eines breiten Spektrums von Akteuren.

Einige dieser Initiativen sind bereits in Kraft getreten, wie z. B. die seit 2021 geltende Interimsverordnung zum sexuellen Missbrauch von Kindern [3] und die Einrichtung des Europol Innovation Lab (Europol Innovationslabor, Anm. d. Red.) im Jahr 2020. Andere Initiativen befinden sich noch im Gesetzgebungsverfahren, wie z. B. der Vorschlag für eine Verordnung zur Festlegung von Vorschriften zur Verhütung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern.

Mit diesem Vorschlag will die Kommission "einen klaren und harmonisierten Rechtsrahmen für die Verhütung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet (...) schaffen und den Anbietern [von Diensten] Rechtssicherheit in Bezug auf ihre Pflichten zur Risikobewertung und -minderung sowie, wo notwendig, zur Aufdeckung, Meldung und Beseitigung eines solchen Missbrauchs in ihren Dienstleistungen in einer Weise bieten, die mit den grundlegenden Menschenrechten vereinbar ist".

Der Vorschlag sieht außerdem "gezielte Maßnahmen vor, die in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko des Missbrauchs eines bestimmten Dienstes für den sexuellen Online-Missbrauch von Kindern stehen und an strenge Bedingungen und Schutzmaßnahmen geknüpft sind. Durch die Einrichtung eines Europäischen Zentrums zur Verhütung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern soll außerdem sichergestellt werden, dass die Anbieter ihrer Verantwortung gerecht werden können“ [4].

Im Folgenden wird eine kurze Zusammenfassung dieser Initiativen [5] gegeben:

  • Umsetzung und Entwicklung des angemessenen Rechtsrahmens zum Schutz von Kindern, d. h. sicherstellen, dass die Richtlinie zu sexuellem Kindesmissbrauch vollständig umgesetzt wird und die EU-Rechtsvorschriften eine wirksame Reaktion ermöglichen, während gleichzeitig sowohl Gesetzeslücken, als auch bewährte Verfahren und prioritäre Maßnahmen ermittelt werden.

    All dies umfasst auch andere damit zusammenhängende legislative Lösungen in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre, die elektronische Beweisführung, E-Commerce, digitale Dienstleistungen und andere Angelegenheiten, die sich auf den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch auswirken.
  • Stärkung der Strafverfolgungsmaßnahmen und Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, einschließlich der Strafverfolgungsmaßnahmen auf nationaler und EU-Ebene.

    Dadurch werden die EU MS in die Lage versetzt, Kinder durch Präventionsmaßnahmen besser zu schützen, ein europäisches Zentrum zur Verhütung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern einzurichten, die [Tech-] Industrie dazu zu bewegen, den Schutz von Kindern über ihre Produkte zu gewährleisten, und den Schutz von Kindern weltweit durch Multi-Stakeholder-Zusammenarbeit zu verbessern (Anm. d. Red.).

Die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern stellt eine Priorität für die Europäische Union dar. Dazu bildet diese Strategie den Bezugsrahmen für die Maßnahmen der EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern für den Zeitraum von 2020 bis 2025.

Internationale Vernetzung als Bedingung des Erfolgs

Der Schlüssel zum Erfolg dieser Strategie liegt in der der Zusammenarbeit, dem Zusammenwirken, der Koordination und der Partnerschaft auf internationaler Ebene. Für alle Beteiligten eines Netzwerks, das die sexuelle Ausbeutung von Kindern wirksam bekämpfen will, gilt: Sie müssen einander zuhören, voneinander lernen, miteinander kommunizieren und diskutieren – interdisziplinär und über alle Landesgrenzen hinweg.

In der Arbeitsweise von Europol erweist sich die Vernetzung zwischen den EU-Mitgliedstaaten und den nationalen Strafverfolgungsbehörden als äußerst effektiv, um grenzüberschreitende Straftaten koordiniert aufzuklären. Erkenntnisse, Fachwissen und Kompetenzen der EU MS werden ausgetauscht und einander zur Verfügung gestellt. Zusätzlich werden gemeinsame Arbeitsverfahren entwickelt: Synergieeffekte, die die Ermittlungserfolge beschleunigen.

Während eines Fachgesprächs am 19. Mai 2022 in Berlin erfuhren wir von dem Engagement mehrerer Strafverfolgungsbehörden und IJM, das Philippine Internet Crimes against Children Centre (PICACC) zu gründen. Ein Zusammenschluss für effektivere und koordiniertere Ermittlungen im ganzen Land in Fällen von sexuellem Missbrauch von Kindern im Internet. Dies kann als ein bedeutender Schritt in Richtung eines besseren Schutzes von Kindern auf den Philippinen und womöglich als gutes Vorbild für andere Länder verstanden werden.

Wir müssen fest daran glauben, dass wir mit gemeinsamen Anstrengungen, dem Austausch bewährter Praktiken, der Weitergabe von Erkenntnissen und dem Lernen voneinander innerhalb des Expertennetzwerks geschlossen zusammenstehen können, um der sexuellen Ausbeutung von Kindern in jeder Form ein Ende zu setzen.

Damit Kinder einfach nur wieder Kinder sein können.



Über den Autor:

Anton Toni Klančnik ist seit 2018 als Experte für die Bekämpfung der sexuellen Online-Ausbeutung von Kindern und damit zusammenhängender Offline-Verbrechen bei Europol tätig. Zuvor war er leitender Kriminalpolizeiinspektor und ehemaliger Leiter der Abteilung für Jugendkriminalität bei der Kriminalpolizeidirektion in Slowenien. Mit 15 Jahren Erfahrung in den Fachbereichen Gewalt gegen Kinder und in Familien sowie sexuelle Online- Ausbeutung von Kindern, arbeitet er heute auf strategischer und operativer Ebene mit zahlreichen europäischen und internationalen Institutionen zusammen.



Fußnoten

[1] Wenn wir über die sexuelle Ausbeutung von Kindern sprechen, könnte auch der Menschenhandel zu einem gewissen Grad unter diese Art von Verbrechen fallen. Es muss jedoch betont werden, dass der Begriff "Menschenhandel" von den Behörden oder den Expertinnen und Experten in Südostasien und den USA anders definiert oder verstanden wird als im europäischen Kontext. LDCA als konkretes Beispiel ist eine dieser Situationen; in Europa wird dieses Verbrechen nicht als "Menschenhandel" oder "Kinderhandel" gehandhabt, da es nach rechtlicher Terminologie als "pornografische Darbietung" definiert wird. Vergleiche mit:
- Artikel 21 des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, SEV Nr. 201 (Lanzarote-Konvention), - Artikel 2 Buchstabe e und Artikel 4 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (auch bekannt als „Richtlinie zum sexuellen Kindesmissbrauch“).

[2] Die EU-Strategie ist verfügbar unter: https://home-affairs.ec.europa.eu/document/download/53795a85-d37e-4184-8869-e8908b65b369_en?filename=20200724_com-2020-607-commission-communication_en.pdf.

[3] Verordnung (EU) 2021/1232 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juli 2021 über eine befristete Ausnahmeregelung von bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2002/58/EG hinsichtlich der Nutzung von Technologien durch Betreiber nummernunabhängiger interpersoneller Kommunikationsdienste für die Verarbeitung personenbezogener und anderer Daten zum Zweck der Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet.

[4] Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Vorschriften zur Verhütung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=COM%3A2022%3A209%3AFIN&qid=1652451192472.

[5] Entnommen aus der EU-Strategie. Siehe vorherige Fußnote.



Quellen:

  • European Commission (2020). EU Strategy for a more effective fight against child sexual abuse.
  • Europol (2016). Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA) 2016, Publications Office of the European Union, Luxembourg.
  • Europol (2017). Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA) 2017, Publications Office of the European Union, Luxembourg.
  • Europol (2018). Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA) 2018, Publications Office of the European Union, Luxembourg.
  • Europol (2019). Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA) 2019, Publications Office of the European Union, Luxembourg.
  • Europol (2020). Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA) 2020, Publications Office of the European Union, Luxembourg.
  • Europol (2021). Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA) 2021, Publications Office of the European Union, Luxembourg.

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