Varalakshmi weiß, was es bedeutet, versklavt zu sein. Den Schmerz und die Scham hat sie nicht vergessen. Deshalb kämpft sie heute dafür, dass andere das nicht erleben müssen.
Varalakshmi aus Südasien träumt davon, dass ihre Volksgruppe, der Stamm der Irular, ein Leben in Freiheit führen kann. Als Aktivistin kämpft sie jeden Tag unnachgiebig dort, wo Menschen in Armut ausgegrenzt werden und sich niemand für die Angelegenheiten der Schwächsten in der Gesellschaft interessiert.
Entschieden setzt sie sich ein gegen Unterdrückung und Ausbeutung und bietet jedem ein Zuhause, der aus der Schuldknechtschaft entkommen ist. Sie ist nicht nur eine Führungspersönlichkeit in ihrer Gemeinschaft. In ihrer lokalen Vereinigung ehemals Betroffener von Schuldknechtschaft gilt sie als Pionierin.
Durch ihre Arbeit mit den lokalen Behörden, der Polizei und den Medien, hört die Regierung Varalakshmis Belangen aufmerksam zu. Noch vor wenigen Jahren wurde sie einfach abgewiesen. Heute reagieren die Behörden sofort auf Hinweise von Schuldknechtschaft und Sklaverei. So trägt Varalakshmi entscheidend dazu bei, das Vorkommen von Schuldknechtschaft zu verringern und echtes Vertrauen in das Justizsystem aufzubauen.
Gefangen in Schuldknechtschaft
Aber das war nicht immer so. Varalakshmi lebte jahrelang selbst gefangen in Ausbeutung. Geschichten wie ihre gibt es leider viel zu häufig in Südasien. Varalakshmis Familie hatte sich von dem Besitzer einer Reismühle Geld geliehen. Damit wollten sie ein besseres Leben beginnen, sobald sie die Schulden bei ihrem Gläubiger abgearbeitet hätten.
Stattdessen sorgte der Besitzer dafür, dass immer neue Schulden dazu kamen. So zwang er die Familie sieben Jahre lang unter unmenschlichen Bedingungen zur Arbeit in seiner Reismühle. Hunger, Demütigungen und Angst bestimmten dort jeden Tag von Varalakshmis Leben. Doch 2004 konnte IJM gemeinsam mit den lokalen Behörden die Familie befreien.
Aus der Arbeitssklaverei in die Lokalpolitik
IJM begleitete Varalakshmi in der Nachsorge zurück in ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung. Heute betreibt sie eine Schneiderei und weitere kleine Gewerbe, in denen sie Frauen aus ihrer Dorfgemeinschaft und Betroffenen von Sklaverei zu einem Einkommen und finanzieller Unabhängigkeit verhilft.
Im Dezember 2019 ging sie noch einen Schritt weiter: Varalakshmi nahm bei den lokalen Wahlen teil, um ihr Dorf als Abgeordnete zu repräsentieren. Sie ist die erste Irular-Frau die je für ein solches Amt kandidierte. „Ich will meine Gemeinschaft und die Armen in meinem Dorf stärken. Als Ratsmitglied kann ich mich noch effektiver für meine Leute einsetzten und ihnen helfen“, sagte sie vor den Wahlen.
Auch wenn ihr einige Stimmen für die Wahl fehlten, lässt sie sich nicht entmutigen. Sie hat sich geschworen, zuversichtlich zu bleiben und mutig weiterzukämpfen. „Ich bin immer noch eine Leiterin, die meinem Volk dient. Ich habe mich für die Wahl aufstellen lassen, um zu zeigen, dass auch eine Irular-Frau, die als Arbeitssklavin ausgebeutet wurde, kompetent genug ist für ein solches Amt.“
Varalakshmi kann sich in Freiheit ganz neu entfalten und sprudelt über vor Freude. „Heute bin ich glücklich und lebe in Frieden. Ich esse und ich lebe. Ich kann tun, was ich will, wann ich will und wie ich will. Ich bin so glücklich und erleichtert. Ich kann endlich meinen Traum leben.“
Auch The Times of India, Indiens größte englischsprachige Tageszeitung, berichtete.