Durch Deutschland flatterten am 17. Oktober fiktive 80-Euro-Geldscheine. Warum? Weil das der Durchschnittspreis eines Menschen ist, der in die Sklaverei verkauft wird. Darüber informierten IJM-Botschafter/innen in 21 deutschen Innenstädten. Anlass der Aktion #stoppsklaverei war der Europäische Tag gegen Menschenhandel. Ein Bericht von IJM-Botschafterin Karoline Estermann.
Etwa 30 Meter lange Leinen wurden zwischen Bäume und Straßenschilder gespannt. Botschafterinnen und Botschafter von IJM befestigten daran fiktive 80-Euro-Geldscheine. Männer, Frauen und sogar Kinder blieben stehen. Sie nahmen die Scheine ab und stellten Fragen: Wieso 80 Euro? Gibt es heute noch Sklaverei? Warum betrifft uns das? Wer sind Anna, Cassie und Godson? Die Ehrenamtlichen antworteten. Denn genau darum ging es am Aktionstag: Mit Deutschland ins Gespräch über einen unbekannten Missstand kommen.
Das Ausmaß moderner Sklaverei
Die Botschafter/innen erklärten den Fragenden, dass ein Mensch für durchschnittlich 80 Euro in die Sklaverei verkauft wird. Die Zahl beruht auf Berechnungen des Sklavereiexperten Kevin Bales. Sie antworteten, dass rund 40,3 Millionen Menschen in moderner Sklaverei ausgebeutet werden. Und sie verdeutlichten, dass viele unserer Produkte sogenannte Risikoprodukte sind. Das heißt, dass sehr wahrscheinlich Menschen in Sklaverei an der Produktion beteiligt waren. Die Botschafter/innen machten gleichzeitig Mut: Indem wir Informationen im eigenen Umfeld weitergeben und unsere politischen sowie Konsumentscheidungen mit Sorgfalt treffen, nehmen wir Einfluss.
Wer sind Anna, Cassie und Godson?
Auf den fiktiven Geldscheinen sind Gesichter und Namen von Anna, Cassie und Godson zu erkennen. Sie alle wurden aus der Sklaverei befreit und teilen ihre Geschichte mit der Welt. Um wachzurütteln, aufzuklären und eine Gegenbewegung zu mobilisieren. Anna zwang man zur Prostitution. Cassie wurde als Minderjährige Opfer von sexueller Online-Ausbeutung. Godson musste als Siebenjähriger auf dem Volta-Stausee fischen – 12 Stunden am Tag mit nur einer Mahlzeit und viel Gewalt. Das von ihnen Durchlebte zeigt die Brutalität und die Vielseitigkeit moderner Sklaverei auf. Sie existiert in verschiedenen Formen und ist für Täterinnen und Täter profitabel. Opfer haben kaum Chancen, der Ausbeutung aus eigener Kraft zu entfliehen.
Erfolgreich wachgerüttelt
Der Aktionstag hat eine Öffentlichkeit für moderne Sklaverei geschaffen. 150 Geschäfte haben mitgeholfen, die fiktiven Banknoten zu verteilen. Einige Medien haben über die Aktion berichtet. Viele Passantinnen und Passanten bedankten sich für die Gespräche. Die Leinen waren am Ende des Tages leer – etwa 35,000 Scheine wurden in Umlauf gebracht.